Vom: 07.09.2022
Allgemein
UIG Tagung 2022: Digitalisierung braucht Inklusion
Am 22. September 2022 findet die diesjährige UIG-Tagung unter dem Motto „Inklusion betrifft uns alle!“ statt. Bei der Online-Veranstaltung dreht sich einen Tag lang alles um die Frage, warum digitale Inklusion für Wirtschaft und Gesellschaft so wichtig ist.
Alle sprechen über das Metaverse und die unzähligen Möglichkeiten, die die digitale 3D-Welt sowohl Menschen als auch Unternehmen bietet. Mittels modernster Virtual-Reality-Technologien tauchen wir künftig in eine neue Dimension ein, in der die Grenzen zwischen physischer Realität und virtuellem Raum verschwimmen. Aber wie barrierefrei sind aktuelle VR-Systeme, die im Regelfall aus einer 3D-Brille, Kopfhörern und einem Mikrofon bestehen, überhaupt? Und was muss passieren, um allen Menschen gleichermaßen einen fairen Zugang zu dieser neuen, virtuellen Realität zu ermöglichen?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich beispielsweise Professorin Kathrin Gerling von der KU Leuven auf der diesjährigen UIG-Tagung, in deren Mittelpunkt das Thema digitale Inklusion steht. Derweil zeigt Adrian Wegener von der Eye Build IT GmbH in seinem Vortrag auf, dass Barrierefreiheit heutzutage auch bei vielen bestehenden digitalen Produkten und Dienstleistungen keine Selbstverständlichkeit ist – und das ist gar keine Absicht, sondern in erster Linie mangelndes Bewusstsein für Inklusion.
„Inklusion ist mehr als nur Barrierefreiheit“
„Digitale Inklusion ist ein sehr breiter Begriff und ein wichtiger Teil davon ist sicherlich die Barrierefreiheit, im Sinne der Nutzbarkeit digitaler Angebote durch Menschen mit Einschränkungen,“ erklärt Prof. Dr. Alexander Mädche, Vorstand des zum Mittelstand-Digital-Netzwerk gehörenden UIG e.V. und Professor für Wirtschaftsinformatik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Inklusion ist aber mehr als nur Barrierefreiheit. Wenn man bestimmte Systeme entwickelt, muss man sich immer auch die Frage stellen, wer in der Entwicklung partizipiert. Sind es nur Männer oder nur Frauen? Wie sieht der kulturelle Background aus? Und genau darum geht es uns, wenn wir von Usability und User Experience sprechen: Die Gesellschaft als Ganzes muss abgebildet werden – und nicht nur bestimmte Subgruppen. Auch das ist Inklusion.“
Und genau das sollen auch die Vorträge und Diskussionen auf der UIG Tagung 2022 deutlich machen. Während überall über die konkrete Umsetzung von Usability und User Experience gesprochen wird, widmet man sich hier beispielsweise Themen wie „Zwischen Wunsch und Wirklichkeit – Digitale Barrierefreiheit in Unternehmensprozesse integrieren!“ (Annett und Stefan Fernetani, mindscreen) und „Wie lassen sich Barrierefreiheit und Gebrauchstauglichkeit verzahnen?“ (Prof. Dr. Simon Nestler, Nestler UUX Consulting). Wenn man so will, geht man einen Schritt zurück, indem man sich fragt, für wen man eigentlich ein bestimmtes digitales Produkt entwickelt.
Wie wichtig digitale Inklusion ist, insbesondere wenn Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning zum Einsatz kommen, hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt. Denn je nachdem, von wem und mit welchem Material die Modelle trainiert werden, reproduzieren diese menschliche Fehler und Vorurteile. So machte 2020 Twitter Schlagzeilen, als deren KI-basierter Zuschneidemechanismus für Vorschaubilder stets weiße Personen in den Fokus rückte. Bei maschinellen Übersetzungs-Tools gibt es derweil geschlechtsbezogene Verzerrungseffekte: Während „the doctor“ immer mit „der Arzt“ übersetzt wird, liefert Google Translate für „the nurse“ stets „die Krankenschwester“ – und das obwohl im Deutschen hier auch „Ärztin“ und „Krankenpfleger“ denkbar wären.
Im Mittelpunkt der Digitalisierung steht der Mensch
„Man kann die Digitalisierung natürlich sehr technologisch sehen. Es gibt nahezu täglich neue Technologien, mit denen man tolle Dinge machen kann. Bei unserem menschzentrierten Ansatz, versuchen wir aber erst einmal zu verstehen, was überhaupt die Probleme und Bedürfnisse der Menschen sind. Dazu beziehen wir sie aktiv in die Entwicklung digitaler Lösungen mit ein,“ erläutert Mädche, der als Steuerkreismitglied den Arbeitskreis Wissenschaft bei karlsruhe.digital leitet. „Denn es ist nun einmal so, dass die beste Technologie nichts nützt, wenn sie nicht nutzbar ist.“
An dieser Stelle setzt das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Usability, das seit Jahren kleine und mittlere Unternehmen über die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung berät, mit der UIG-Tagung an. Denn gerade mittelständische Unternehmen haben meist einen sehr direkten Kontakt zu ihren Kund*innen und oft auch zu den Nutzer*innen ihrer Produkte oder Dienstleistungen. Und hier zeigt sich in der Praxis recht häufig, dass ein zu ingenieurslastiger Ansatz, bei dem es mehr um die Features als um die User Experience geht, nicht unbedingt zum Erfolg führt. Oft ist weniger mehr.
Kommt dann noch das Thema Inklusion dazu, wird es für die Unternehmen oft schwierig. „Das fängt schon damit an, dass wir dazu neigen, über Dinge, die uns nicht betreffen, erst gar nicht nachzudenken,“ erklärt Mädche. „Und wenn dann das notwendige Mindset vorhanden ist, muss in der Regel noch die richtige Balance zwischen Kosten und Nutzen gefunden werden. Barrierefreiheit herzustellen ist mitunter unglaublich aufwändig – und manchmal ist es bei bereits bestehenden Systemen auch nur bedingt möglich.“
Dennoch bieten insbesondere KI-gestützte Technologien – so sie denn richtig trainiert werden – unglaublich viel Potenzial für eine inklusive, menschzentrierte Digitalisierung. So kommt beispielsweise auch bei der UIG-Tagung am 22. September eine KI-Lösung zur automatisierten Transkription des Live-Streams zum Einsatz, um allen Teilnehmer*innen ein barrierefreies Online-Event zu ermöglichen.
Tickets sowie das vollständige Programm gibt’s hier. Da wir Medienpartner der Veranstaltung sind, erhalten die Leser*innen des karlsruhe.digital-Blogs mit dem Code ka-digital-25 25% Rabatt auf ihr Ticket.